Wieder daheim, ein Rückblick!

Meine letzten Tage in Neuseeland, liefen dank der Neuseeländer Ann und Michael sehr entspannt ab. Ich hatte die beiden bereits bei meinem Hinflug vor sechs Monaten kennengelernt. Kurz vor der Landung hatte Ann mir einen Zettel mit ihrer Adresse gegeben, für den Fall, dass ich nach Auckland zurück kommen würde. Dies war nun geschehen.
Vier wundervolle Tage verbrachte ich bei den beiden, bis ich am 10.03. mein Rad inklusive Zusatzgepäck in eine Papp-Fahrradbox verlud und Michael mich bei strömenden Regen zum Flughafen fuhr.

Mit Mühe und Not kam ich ohne Extrakosten durch die Gewichtskontrolle, denn mein 30 kg Gepäcklimit hatte ich um fast 2 kg überschritten, obwohl ich viel Gepäck zurück gelassen hatte und rund 10 kg in drei Handgepäckstücken mit mir führte.
Die nun folgenden 24 Stunden Flug verliefen weitgehend angenehm und ohne Zwischenfälle, doch das änderte sich schlagartig, als ich an der Sperrgepäckausgabe am Frankfurter Flughafen meinen völlig zerfetzten Radkarton entgegen nahm.
Sorgfältig hatte ich ihn mit Paketband zugeklebt, um ihn gut transportieren zu können. Auf der Suche nach unerlaubten Gegenständen, hatte das Flughafenpersonal den Karton jedoch geöffnet und anschließend sehr dürftig wieder zugeklebt, so dass dieser schon beim Anschauen auseinander zufallen drohte.
Mit viel Mühe und Hilfe weiterer Reisenden, schafften ich und der 32 kg XXL Karton es dann doch in den Bus zum Bahnhof, in die S-Bahn und schließlich – nach einem verpassten Zug – in die Regionalbahn nach Würzburg, wo mein Vater bereits auf mich wartete. Meine Reise war beendet.

 

Fast drei Monate sind nun vergangen, seit ich meinen Kiwifreunden Lebewohl gesagt habe und zurück auf die Nordhalbkugel gekommen bin. Doch ein halbes Jahr Neuseeland vergisst man nicht so einfach, vor allem nicht, wenn man mit dem Fahrrad unterwegs gewesen ist.
6 Monate bin ich mehr als 3000 Radkilometern auf zwei verschiedenen Fahrrädern unterwegs gewesen. Habe an vielen verschiedenen Orten, völlig unterschiedliche Jobs gehabt und Leute getroffen, die mir eine Menge Erfahrung und Inspiration mit auf den Weg gegeben haben.
Ich habe an Seen und unter Brücken gezeltet und teilweise mehrere Tage keine Duschen oder Wasserhähne gesehen. Dafür jedoch die unendliche Weite der neuseeländischen Landschaft, die man als Autofahrer nur schwer zu Gesicht bekommen wird.
Auch die ständige Hilfe, die man als Radfahrer überall und an den unmöglichsten Orten, erhält, ist in Neuseeland phänomenal und hat mir mehr als nur einmal den Hals gerettet.
Doch was wäre Neuseeland ohne sein Wetter. Neben dem ständigen Wechsel von Sonne und Regen war der Wind ein Albtraum. Ich erinnere mich noch gut an einige Abfahrten, die ich in meinen kleinsten Gängen hinunter getrampelt bin. Kurz vor Tekapo wurde ich von Seitenwind so oft in den Graben geblasen, das schließlich Schieben die einzige Option war um voran zu kommen.
Seit meiner Heimkehr habe ich nun dank dieser Erfahrungen, einen ganz anderen Blick auf unser Wetter und weiß das milde Klima und vor allem den (meist) ruhigen Wind sehr zu schätzen.

Erfolge und Niederlagen

Wie bei jeder größeren Reise habe ich neben großartigen Momenten natürlich auch Rückschläge erlebt.

So hatte ich mit meinem Rennrad im Endeffekt die falsche Art der Fortbewegung für mich gewählt, was ich jedoch erst einsah, als mir mein Rad mitten im Nirgendwo kaputt ging. Schuld war das Rad natürlich nicht, sondern die stete Zunahme an Gepäck, (Zelt etc.) an das ich bei meiner Planung nicht gedacht hatte.

Der Wechsel zum Tourenrad, den ich in Wellington vollzog, erleichterte anschließend das Reisen ungemein, änderte aber nichts an meiner teilweise dürftigen Planung.

Im weiteren Verlauf musste ich mich anfangs mit viel zu vielen Lebensmitteln herumschlagen, die ich im Kaufrausch vor der Weiterfahrt besorgt hatte, mehrere Nächte in meinem Schlafsack frieren (war ich mit der Auswahl meines deutschen Schlafsacks wohl zu optimistisch gewesen) und wildfremden Radfahrern folgen, die mich vor einer Woche im Dauerregen schützen wollten (ein Blick auf die Wettervorhersage hilft manchmal also doch).

Doch Aufgeben war nicht drin´ und so erlebte ich auch unzählige unvergessliche Dinge auf meiner Tour.

Angefangen von meiner längsten Tagesetappe, der Fahrt nach Motu, die mich mit sintflutartigen Regenfällen überraschte und der gefährlichsten Etappe, der Fahrt zu Hannah und Brandon, bei der ich kurzzeitig den Glauben an die Menschheit verloren hatte, gab es auch Erfolge außerhalb des Sattels.

BMU Engineering war einer von ihnen. Es waren einige Zufälle von Nöten, um mich zu Dave und seinem Team zu bringen. Insgesamt zwei Monate lang half ich schließlich in seiner Werkstatt, assistierte bei Reparaturen von Gebäudeliften und verbrachte Weihnachten und Silvester bei ihm.

Meine größte, sportliche Leistung war jedoch die spontane Teilnahme und auch das Finishen eines Halbmarathons in Wellington. Grund hierfür war eigentlich nur meine eigene Faulheit. Ich hatte die Voranmeldung soweit hinausgezögert, dass letztendlich alle Tickets für den von mir favorisierten 10 km Lauf und auch für den Halbmarathon ausverkauft waren. Über Umwege gelang es mir dann doch noch an einen Startplatz zu kommen, jedoch nur für den Halbmarathon.

Zu guter Letzt darf natürlich der größte Erfolg nicht fehlen: Die Überwindung, nach Neuseeland zu fliegen, mit nichts als einem Fahrrad und Rucksack.

Man muss sich manchmal einfach nur trauen und die Gelegenheit ergreifen, um später mit Stolz auf seine Erfolge zurück schauen zu können!

 

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Hobbiton

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Jobliste

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Crash

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Testfahrt mit der BMU

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Dave und sein Team

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Wiedervereint mit Matt und Dane

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Grillfest bei Dave

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Florian der Weltreisende

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Hannah und Brandon

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Halbmarathon mit Luca

 

An dieser Stelle möchte ich nun meinen Neuseelandblog beenden, nicht aber ohne mich bei all den fleißigen Lesern zu bedanken. Es war mir eine große Freude, meine Reise mit euch teilen zu können.

 

Euer Kiwifloh 🙂

 

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Zurück nach Auckland – aber richtig!

Im Hinblick auf die Rückreise nach Auckland, für die ich diesmal nicht das Rad nutzen wollte, hatte ich schon länger ein Auge auf eine neuseeländische Website geworfen, auf welcher man sich sogenannte „relocation-cars“ mieten kann. Das Prinzip hinter diesem System ist relativ simpel. Für einen festgelegten Zeitraum erhält man ein Fahrzeug, welches man für eine Vermietungsfirma zu einem bestimmten Ort fährt. Da die Firmen für die Überführung nicht extra Personal zur Verfügung stellen müssen, ist das Mieten dieser Fahrzeuge sehr preisgünstig, teilweise sogar kostenlos.

Durch einen glücklichen Zufall gelang es mir wenige Tage vor meiner Abreise, an ein luxuriöses, deutsches Fabrikat zu kommen, welches im Nachhinein auch die einzige vernünftige Lösung darstellte, da mein Fahrrad doch für fast alle anderen Autos zu sperrig gewesen wäre.

Etwas überrascht war ich dann aber schon, als mir die Fahrzeugvermieterin nach dem Unterzeichnen des Mietvertrags einfach die Schlüssel in die Hand drückte und verschwand.  Interessanterweise waren bis auf das Lenkrad alle Bedieneinheiten am von mir gewohnten Platz und erleichterten dadurch das Gewöhnen ungemein.

Nach einem kurzen Stopp an meiner ehemaligen Flat, bei dem ich Fahrrad und Gepäck verlud, verließ ich nun Wellington endgültig und machte mich auf den Weg nach Norden, nach Auckland.

Das Gefühl, nach so vielen hunderten Radkilometern nun in einem Ledersessel zu sitzen und klimatisiert durch die Landschaft zu brausen, ist nur schwer zu beschreiben.

In den letzten Monaten waren es immer wieder Autofahrer gewesen, die mir das Leben als Radfahrer erschwert hatten und jetzt war ich zu einem von ihnen geworden. Gegenwind und Hitze waren auf einmal kein Problem mehr und auch die Suche nach Lebensmitteln wurde zur Nebensache. Verpasste ich einen Supermarkt, gab es wenige Autominuten später bestimmt einen neuen.

Generell war die Energie, die ich nun für das Reisen benötigte, nur ein Bruchteil jener, die ich noch vor wenigen Wochen für das Radreisen zu mir genommen hatte.

Doch ich wollte diesen enormen Fortbewegungsvorteil nun dafür nutzen, in den kommenden Tagen, in denen ich das Auto nach Auckland bringen musste, möglichst alle verpassten Sehenswürdigkeiten auf der Nordinsel zu besichtigen.

Mir standen vier Tage und 1200km zur Verfügung.

Mein erstes Etappenziel war New Plymouth. Hier schlief ich auf einem kostenlosen Campingplatz, direkt an der Surfküste. Umgeben von dutzenden Surfern, die alle in ihren etwas in die Jahre gekommenen Campervans schliefen, fühlte ich mich mit meinem deutschen SUV etwas fehl am Platz.

Obwohl dieses Gefühl im Laufe der Reise nie ganz verflog, zeigte sich an diesem Abend noch ein weiterer ganz entscheidender Vorteil, die Geräumigkeit. Ohne Probleme konnte ich neben all meinem Gepäck und dem Rad im Auto schlafen, ja, sogar Sitzen war überhaupt kein Problem, ein Luxus, den ich in meinem Zelt nicht gehabt hatte.

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Panoramablick im Kofferraum

Das Ziel des nächsten Tages lautete Taupo, genauer gesagt der See Taupo. Auf dem Weg dahin ließ ich es mir nicht nehmen, die Kapazität meines Vehikels voll auszunutzen und gabelte noch zwei Tramper auf.

Einer der beiden war ein begeisterter Einradfahrer und reiste mit zwei Einrädern zu einem Festival nach Auckland. Obwohl beide noch einen Rucksack und weitere Gepäckstücke dabei hatten, war noch ein Platz frei.

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Am frühen Nachmittag erreichten wir schließlich Taupo, eine wunderschöne Stadt, die wie der größere Bruder von Tekapo wirkte. Ich entschloss mich jedoch dazu, außerhalb des Ortes nach einem kostenlosen Schlafplatz umzusehen.

Wenige Autominuten später fand ich einen Parkplatz in einem ruhigen Nachbarort und übersah gekonnt das Schild „Camping verboten“.

Nachdem ich das Auto hinter einem Baum etwas abseits „versteckt“ hatte, verbrachte ich den restlichen Tag mit Baden und Erkunden des kleinen Örtchens, das scheinbar nur vom Segel-Tourismus zu leben schien.

Tag 3 widmete ich ganz den „Kratern des Mondes“ (craters of the moon), von denen es nun einige zu bewundern gab. Diese, durch Geothermie entstandenen Sehenswürdigkeiten, lagen nun auf einmal überall am Wegesrand und waren in den letzten Jahren zu einem waren Touristenmagneten geworden.

Nach dem Besichtigen musste ich mich wieder meiner Routenplanung nach Auckland widmen, da ich dank einiger vergangener Umwege weit über meinem gesetzten Tageslimit angekommen war. Das Übernachten auf kostenlosen Campingplätzen in der Nähe stellte sich als fast als unmöglich heraus, da sich weder Campingplätze noch Seen auf meinem Weg befanden. Als ich nach einigen Kilometern eher zufällig noch einmal hielt, um auf meinem Handy nach Übernachtungsmöglichkeiten zu suchen, bemerkte ich zufällig, dass sich nur 6 Kilometer entfernt der Eingang zur Filmstadt „Hobbiton“ befand. Obwohl ich diese nicht auf meiner To- do-Liste vermerkt hatte, war jetzt die Besichtigung für mich ein Muss. Sogar einen Kommentar einer Reisenden gab es, die eine Nacht mit dem Auto auf dem Parkplatz verbracht hatte. Challenge accepted!

Je näher ich der Filmstadt kam, desto hügeliger wurde die Landschaft und erinnerte mich immer mehr an das Auenland.

Am Parkplatz angekommen musste ich feststellen, dass die Besichtigung von Hobbiton etwas anders ablief, als ich es mir vorgestellt hatte. Für einen horrenden Preis erhielt man einen Shuttleservice zum Drehort und schließlich eine Gruppenführung. Alleiniges Erkunden war leider nicht möglich.

Nachdem ich jedoch die Nacht friedlich auf dem Parkplatz verbracht hatte (sogar die Toiletten waren nachts geöffnet), hatte mich das Hobbit-Fieber gepackt und ich leistete mir ein Ticket der ersten Besichtigunsgruppe am kommenden Morgen.

Insgesamt gefielen mir die zwei Stunden im Land der Hobbits richtig gut und ich würde dieses Erlebnis auch Urlaubern empfehlen, die die Bücher: „Der kleine Hobbit“ und  „Herr der Ringe“ nicht gelesen haben.

 

Eine von vielen interessanten Geschichten, die uns unser Guide erzählte, ist die eines künstlichen Baumes, welcher sich auf dem höchsten Punkt über dem Haus Bilbos befindet. War dieser im Film „Der Herr der Ringe“ noch ein richtiger Baum, so musste er für „Der Hobbit“ detailgetreu schrumpfen. Ein künstlicher Baum mit 200.000 künstlichen Blättern war dafür von Nöten. Doch damit nicht genug. Der Regisseur war mit der Farbe der Blätter nicht einverstanden und so musste ein einzelner Mann in mühevoller Kleinarbeit sämtliche Blätter dunkler färben. Er hatte zehn Tage Zeit dafür.

Den Rest des Tages verbrachte ich damit, mich  Auckland weiter anzunähern, sogar einen gratis Campingplatz hatte ich für diese Nacht gefunden.

Ich geriet direkt in die Siegerehrung eines Angelwettbewerbs, welche sich unmittelbar neben dem Platz befand und mit Livemusik noch bis tief in die Nacht gefeiert wurde.

Noch vor Sonnenaufgang begann ich am nächsten Morgen mit der letzten Etappe meiner Rückkehr nach Auckland. Ich wählte eine ruhige Nebenstraße und genoss noch einmal die V6-Power meines Luxusgefährts auf der hügeligen Küstenstraße.

Wenig später war ich meinen motorisierten Untersatz auch schon wieder los und radelte schwer bepackt aber glücklich durch die Innenstadt, vorbei an Autokolonnen. Ich hatte das Radreisen doch schon etwas vermisst.

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Von 220 PS zurück auf 1 MS aber diesmal mit Kissen!

Büchse der Pandora

Meine Ankunft in Wellington lief – wie sollte es auch anders sein – komplett anders, als ich es eigentlich schon einige Tage im Voraus geplant hatte.

Obwohl ich dies mit meinem früheren Vermieter schon länger abgesprochen hatte, konnte dieser mir auf einmal kein freies Zimmer mehr anbieten. Zuflucht fand ich schließlich bei meinen früheren indischen Kollegen Guru und Ankit, die mir eine Matratze in ihrem Zimmer zur Verfügung stellten. Ganze drei Tage verbrachte ich bei den beiden, dann wurde endlich ein Zimmer in einer anderen Wohngemeinschaft ganz in der Nähe frei und obwohl mir weder das Haus noch die Einrichtung der WG gefiel unterschrieb ich für eine Woche. Dies war einer meiner größten Fehler meiner gesamten Reise!

Unglaubliche 12 Zimmer befanden sich auf meiner Etage, in denen durchschnittlich zwei Personen lebten. Neben zwei winzigen Duschen gab es noch eine Küche mit sage und schreibe einen Standard Kühlschrank für alle Mitbewohner. Von der Sauberkeit meiner alten WG war hier kaum etwas zu sehen, obwohl sie von ein und demselben Vermieter angeboten werden.

Doch über all diese Probleme könnte ich noch hinwegsehen, wäre da nicht eine winzige, krabblige Kleinigkeit, die mir noch den Rest meiner Reise zum Albtraum gemacht hat: Bettwanzen!!!

Anfangs noch recht unscheinbar, wunderte ich mich nach drei Tagen über zahlreiche juckende Stiche, welche scheinbar über Nacht gekommen waren. Leider unternahm ich an dieser Stelle noch keine Maßnahmen gegen dieses Problem, da mich unter anderem meine wieder aufgenommene Arbeit bei BMU Engineering von dem Problem ablenkte. Am nächsten Morgen konnte ich meinen Augen nicht trauen, ich war über Nacht schätzungsweise 200x gebissen worden und es gab keinen Flecken Haut an mir, der nicht juckte.

Beim Untersuchen meiner Matratze entdeckte ich auch direkt des Rätsels Lösung. Unzählige Bettwanzen hatten sich in den Ecken eingenistet und warteten nur darauf sich nachts auf mich stürzen zu können.

So landete ich, nach einigen erfolglosen Bekämpfungsversuchen, wieder bei Guru und Ankit auf der Matratze, da ich keine Nacht mehr in meinem Zimmer verbringen wollte.

Die nächsten Tage waren zwar der Horror, da jeder Zentimeter meines Körpers juckte und ich aussah wie ein Zombie, trotzdem gab es einen Lichtblick, denn mein Vermieter konnte mir nun wieder ein Zimmer in meiner alten WG anbieten.

Direkt nach der Ankunft in der neuen Wohnung verbrachte ich Stunden, den gesamten Inhalt meiner Taschen auf Bettwanzen zu untersuchen und alles zu waschen, was man nur in Waschmaschine packen konnte. Ich wurde die Biester trotzdem nicht los.

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Ablenkung von den Bettwanzen fand ich bei BMU Engineering genug (feat. Ben & Bandit)

 

In den folgenden Tagen kam es immer wieder vor, dass ich morgens aufwachte und weitere, neue Bisse auf Armen, Beinen oder sogar im Gesicht bemerkte.

Auch die Ärzte Wellingtons konnten mir bei diesem Problem nicht weiter helfen und rieten mir nur noch einmal alle Sachen zu waschen. Dann blieb ich endlich von den Wanzen verschont, ruhig schlafen konnte ich trotzdem nicht, denn ein schnarchender Mitbewohner raubte mir nun den Schlaf.

Neben dem nervenden Bettwanzenproblem hatte ich jedoch einige sehr schöne Tage in Wellington, traf meinen ehemaligen Klassenkameraden Robin wieder, der die komplette Nordinsel zu Fuß durchquert hatte, traf nach langer Zeit meinen Cousin und seine Freundin wieder und krönte meinen Aufenthalt mit dem Laufen eines Halbmarathons, worauf ich ewig stolz sein werde.

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das Team

Das Ziel vor Augen (Südinsel Teil 2 – Januar 2017)

Als Dean dann endlich gegen 14 Uhr auftauchte, war Matt natürlich schon lange davongeradelt, um der Schlecht-Wetterfront zu entgehen, die auf uns zu rückte.

An ein sofortiges Weiterfahren war trotzdem nicht zu denken, da Dean bereits 70 Kilometer von Twizel hinter sich hatte. Ich fand mich also in einer Kaffeepause wieder, noch bevor ich überhaupt auf meinem Sattel gesessen war. Während ich immer wieder nervös auf die Uhr schaute (von dem Unwetter wurde in sämtlichen Medien berichtet), ließ sich mein Kollege alle Zeit der Welt und kam schließlich mit einem Neuseeländer ins Gespräch, der uns seine komplette Lebensgeschichte erzählte. Er war am Bau mehrerer großer Staudämme in Neuseeland beteiligt gewesen, hatte Alligatoren aus Helikoptern geschossen und damit ein Vermögen verdient und ganze Siedlungen von Fertigteilhäusern in Rekordzeit zusammengezimmert. Sogar in eine Dokumentation hatte er es geschafft. Zu guter Letzt empfahl er uns noch ein Buch, in dem er sein Leben festgehalten hatte, dann verabschiedete er sich gegen 16 Uhr von uns und wir konnten uns endlich auf die Räder schwingen.

Nach 20 sehr kommunikativen Kilometern landeten Dean und ich in Duntroon, in dem wir uns für einen Zeltplatz entschieden (das hätte Matt sicherlich nicht gefallen 😉 ).

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mehrere dieser Fahrzeugsperren erschwerten uns das Vorankommen. Hier konnten wir noch einen alternativen Weg nutzen 😉

Die Preisliste des Platzes bot uns zwei Möglichkeiten: zelten only oder gegen saftigen Aufpreis den Zugang zu einer Hütte, in der sich Duschen und die Küche befand. Wir wählten Option eins.

In die Hütte gelangten wir natürlich trotzdem.

Unser Plan für den kommenden Tag war es nun Danseys Pass, eine Passstraße zu überqueren, die uns zu einem sehr bekannten Radweg bringen würde, dem „Central Otago Rail Trail“. Diesem wollten wir dann in Richtung Westen folgen.

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Den von Middlemarch nach Alexandra verlaufenden Central Otago Rail Trail wollten wir von Duntroon aus via Danseys Pass erreichen

An eine Überquerung des Passes war jedoch am nächsten Morgen nicht zu denken. Dicke Regenwolken waren über Nacht herauf gezogen und die Temperatur lag im einstelligen Bereich. Sogar eine Unwetterwarnung war für unseren Pass herausgegeben worden.

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nach einem kurzen Blick aus dem Zelt legte ich mich noch eine Stunde schlafen

Wir überlegten uns noch die folgende Nacht auf dem Zeltplatz zu verbringen, um eventuell am nächsten Tag die Überfahrt zu wagen, was sich aufgrund fehlender Einkaufsmöglichkeiten als sehr schwierig erwies. Unsere Lebensmittel würden nur noch bis zum Abend ausreichen und wir wussten nicht, ob sich das Wetter in den kommenden Tagen bessern würde.

Uns blieb nun nichts weiter übrig, als zur Ostküste zu fahren, genauer gesagt nach Oamaru.

Es war bereits 11 Uhr, als wir uns endlich zu dieser Entscheidung durchgerungen hatten und die schwarzen Wolken waren nun gefährlich nahe. Wir waren trotzdem guter Dinge, denn bis jetzt war noch alles trocken.                                                                                               Leider freuten wir uns zu früh. Wir waren noch keinen Kilometer gefahren, da prasselte bereits der Regen auf uns nieder.

Demotivieren konnte mich dieser diesmal nicht, denn ich wusste, dass mich nur knapp 50 Kilometer flacher Highway von meinem Ziel trennte und sich der Wind in Grenzen hielt.

In Oamaru verabschiedete sich dann mein Handy trotz 40% Restakku von mir und zwang mich noch einen Zwischenstopp zum Aufladen einzulegen, bevor es mich zu unserer WarmShower-Gastgeberin navigierte, bei der Dean und ich über Nacht bleiben wollten.

Wenige Minuten später erreichten wir Sophias Haus und erhielten unser eigenes Zimmer mit Bett (mein erstes seit der Ankunft auf der Südinsel) und konnten unsere durchweichten Klamotten trocknen.

Sophia selbst war auch mit dem Rad in Neuseeland unterwegs gewesen, hatte sich aber sofort in das Steampunk-Städtchen Oamaru verliebt und war nicht wieder nach Hause zurück gekehrt.                                                                                                                                         Dean und ich verbrachten die beiden nächsten Tage in ihrem Haus, da die Regenfront sich auch am nächsten Tag noch nicht gelegt hatte.

Die Stadt gefiel mir sehr. Auf meinen Streifzügen fiel mir vor allem der starke Einfluss von Steampunk-Elementen auf, durch die sich die Stadt von vielen, oft ähnlichen Orten auf meiner Reise unterschied. Sogar ein Museum dieses Stils gab es.

 

Am nächsten Morgen verabschiedeten wir uns von Sophia und machten uns auf den Weg nach Dunedin.                                                                                                                                          Obwohl es uns möglich gewesenen wäre die Strecke in einem Stück zu fahren, entschieden wir uns für zwei ruhige Rad-Tage von jeweils 70 Kilometern.

Während wir am ersten Abend noch auf einer Raststelle am Highway unsere Zelte aufschlugen, so hatten wir für die folgende Nacht wieder ein Bett bei Radfahrern gefunden, welche Europa von Nord nach Süd durchquert hatten und einige Storys ihrer Reise auf Lager hatten.

 

Für Dean würde die Radreise in dieser Stadt enden, weshalb ich mir zwei Tage Pause gönnte und mit ihm gemeinsam Dunedin erkundete.

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Am Morgen des 25. Januar machte ich mich auf den nun vorerst letzten Teil, meiner Neuseelandradtour.                                                                                                                                 Mein Ziel war es dem Central Otago Rail Trail (den ich eigentlich schon in Duntroon erreichen wollte) nach Alexandra zu folgen. Von hier aus würde ich erst Wanaka und schließlich – über eine kleine Passstraße – Queenstown besuchen.

Die beiden letzt genannten Orte standen bereits seit meiner Ankunft in Neuseeland ganz oben auf der Reiseliste. Von vielen Touristen werden diese und die angrenzenden Seen als eine der schönsten Sehenswürdigkeiten Neuseelands gepriesen. Grund genug für mich, um noch einmal die Ostküste zu verlassen und mich bis fast ganz zur Westküste durch zuarbeiten.

Um aber erst einmal auf den Rail Trail zu kommen standen mir 80 Kilometer blanker Horror bevor!

Bereits auf meinem Routenplaner sah der Weg etwas anspruchsvoller aus, übertraf im Nachhinein meine Erwartungen jedoch um ein Vielfaches.

Ich hatte am Morgen noch ein älteres Ehepaar gefragt, ob die Strecke denn sehr steil wäre. Diese meinten dann, es gäbe zwar ein paar Hügel, aber die wären nicht all zu schwierig zu fahren.

Nach 10 Kilometern wartete schon der erste Berg auf mich und 400 Meter weiter war bereits Schluss mit Fahren und Schieben war angesagt.

Wer jetzt denkt, schieben wäre kein Problem, der möge bitte versuchen ein vollgepacktes Reiserad auf einer Straße mit 10% Steigung hinauf zu manövrieren. Und das mit typisch neuseeländischem Gegenwind!

Die nächsten 25 Kilometer waren dann tatsächlich einigermaßen „ok“ zu fahren. Abgesehen von anhaltendem Gegenwind und vielen kleinen auf und abs hielten sich die neuseeländischen Gemeinheiten in Grenzen. Doch dann kam der Endboss!

Schon der erste Blick sagte mir, dass ich besser daran täte direkt umzudrehen und wieder zurück nach Dunedin zu fahren. Dort würde ich mir wie alle anderen intelligenten Touristen ein Zugticket kaufen um mit der historischen Eisenbahn von Dunedin direkt zum Rail Trail zu gelangen.

Als mir dann jedoch wieder der Preis des Tickets einfiel und ich mir vorstellte mit zig deutschen Touristen in einem Wagon eingesperrt zu sein, verging mir die Lust und ich stürzte mich den Berg hinunter.

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in der Ferne konnte ich schon das Unheil erahnen

Mein Blick hatte mich nicht getäuscht.                                                                                              Den wenigen Minuten in denen ich die rasante Abfahrt genießen konnte, folgte die Ernüchterung. Ich befand mich am Fuße eines steilen Berges, zu dessen Gipfel eine nicht minder steile Straße führte. Ich versuchte gar nicht erst im Sattel zu bleiben.

Mein Tacho machte mir immer wieder klar, dass mein Schiebetempo irgendwo zwischen 0 und 4 Km/h lag und mein Handy ermunterte mich mit Steigungen zwischen 10% und 16%.

Doch auch dieses Drama hatte irgendwann ein Ende und ich erreichte nach einer Stunde des Schiebens den Gipfel und konnte endlich wieder in auf mein Rad steigen.

Obwohl nun der schwierigste Teil der Strecke hinter mir lag waren die nächsten Kilometer alles andere als einfach. Der letzte Berg hatte mich Unmengen an Kraft gekostet, die mir jetzt für die unzähligen kleinen Aufstiege und das Fahren gegen den anhaltenden Gegenwind fehlte.

Während ich mich mit unglaublicher Langsamkeit fortbewegte und ständig die noch zu fahrenden Kilometer vor Augen hatte, kam auf einmal wenige Meter vor mir ein Mann auf die Straße gelaufen. Er war die erste Menschenseele seit vielen Kilometern und auch er schien etwas überrascht mich hier zu sehen. Noch bevor ich irgend etwas sagen konnte, zeigte er fragend erst auf mein Rad und dann auf sein Auto und ich nickte.

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ein Spanngurt musste ausreichen

 

Wieviele Kilometer Mitch mir am Ende ersparte, kann ich nicht genau sagen, nur dass noch ein verdammt hartes Stück Arbeit auf mich gewartet hätte, das ich niemals an diesem Tag geschafft hätte.

Gegen Abend erreichte ich schließlich meinen Zielort Middlemarch und konnte in den letzten Kilometern sogar etwas Rückenwind und eine tolle Landschaft mit bizarr geformten Felsen genießen.

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Am Abend gönnte ich mir und meinen tapferen Beinen einen Premium Zeltplatz, welcher im Stiel eines Bahnhofs angelegt war und sich direkt am Central Otago Rail Trail befand.

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In den nächsten beiden Tagen folgte ich nun dem sehr touristischen Trail, welcher einer ehemaligen Eisenbahnlinie folgte und dadurch den enormen Vorteil mit sich brachte, das es kaum größere Steigungen gabt. Auch gabt es alle paar Kilometer Schutzhütten am Wegesrand, in die man sich schnell zurückziehen konnte, sollte das neuseeländische Wetter wieder einmal zuschlagen.

 

Eine dieser Hütten nutzte ich auch als Schlafplatz für meine erste Nacht.                         Leider pfiff der Wind an diesem Abend so laut gegen das Wellblech, dass es Stunden dauerte bis ich eingeschlafen war. Am nächsten Morgen weckte mich dieser bereits vor Sonnenaufgang.

 

Glücklicherweise war das Wetter tagsüber dauerhaft gut bis fantastisch und nur der Wind ärgerte ab und zu mit Frontalangriffen.

Bereits am frühen Nachmittag des zweiten Tages kam ich zum Ende des Rail Trails und setzte meine Fahrt noch ein paar Kilometer fort, bis ich einen meiner bisher schönsten Campingplätze fand, welcher darüber hinaus auch noch kostenlos war.

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ein Zeltplatz nur wenige Zentimeter vom See entfernt

Der Weg nach Wanaka am nächsten Tag war einfach traumhaft und erinnerte mich dank seiner vielen Obstplantagen und des sonnigen Wetters wieder ein wenig an Italien. Überall am Straßenrand gab es kleine Stände, an denen verschiedenste Sorten von frisch geerntetem Obst angeboten wurden. Da konnte ich natürlich nicht ewig widerstehen und packte mir ein paar Kirschen als Wegzehrung ein.

Je näher ich Wanaka kam, desto trostloser wurde plötzlich die Landschaft und statt der Plantagen gab es nur noch Felsen und Steinwüste.

Wenige Kilometer vor der Stadt wurde ich dann zum ersten Mal auf meiner gesamten Tour von Radfahrern überholt. Obwohl es sich um Rennradfahrer handelte, konnte ich diese Schmach nicht auf mir sitzen lassen und es gelang mir bis zur Ortseinfahrt in ihrem Windschatten zu bleiben. Ein erhebendes Gefühl.

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In Wanaka verbrachte ich zwei Nächte in einem recht angenehmen Hostel. Ich hatte mich gottseidank gegen einen Zeltplatz entschieden, denn bereits am nächsten morgen prasselte der Regen auf das Hosteldach.

Am Nachmittag hatte ich dann aber doch die Möglichkeit mich ein wenig in der Stadt umzusehen und ich konnte verstehen, weshalb Wanaka von vielen Touristen so gelobt wurde. Die Stadt ist wie eine kleine Oase umrahmt von Bergen. Noch dazu direkt an einem Bergsee gelegen. Die perfekte Mischung um atemberaubende Urlaubsbilder zu schießen und tagsüber verschiedenste Freizeitaktivitäten zu verfolgen.

Mir war es im Großen und Ganzen dann aber doch ein wenig zu viel Tourismus und ich musste mit dem Rad eine ganze Weile fahren um alles in Ruhe genießen zu können. Trotzdem eine tolle Stadt, die ich wirklich sehr empfehlen kann!

 

Am nächsten Morgen verabschiedete ich mich auch schon wieder von Wanaka und nahm die letzten Radkilometer meiner Neuseeland-Radreise in Angriff: nach Queenstown.

Dazu folgte ich der Crown Range Road, einer Passstraße, welche laut meiner Karte einen flachen und gleichmäßig Anstieg für mich bereithalten würde.

Das Wetter war fabelhaft und von den gestrigen Regenwolken war keine Spur geblieben. Noch dazu hatte ich dauerhaften Rückenwind bis nach Queenstown.

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Die Aufschrift des Schildes „nicht empfohlen für Zugfahrzeuge“ machte mich etwas stutzig.

Nur mit der Steigung war das so eine Sache. Wahrscheinlich habe ich sie dank des Rückenwindes und meiner guten Laune gar nicht mitbekommen, leider jedoch den letzten Passanstieg.                                                                                                                                           Während sich um mich herum Campervans im ersten Gang mit Ächzen und Stöhnen hinauf quälten, ging es auch mir nicht besser. Doch ich wusste, dass nur wenige hundert Meter entfernt eine Abfahrt auf mich warten würde und das verlieh natürlich Flügel.

Drei Kurven später hatte ich es geschafft und konnte bis auf das noch über 20 Kilometer entfernte Queenstown blicken.

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Je näher ich meinem Ziel kam, umso besser wurde die Fahrradinfrastuktur und es gab breite Randstreifen oder sogar richtige Radwege an der Straße. Die letzten Meter bis in die Stadt konnte ich sogar einem Wanderweg entlang des Sees Wakatipu folgen, der mich bis in die Innenstadt führte.

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einen breiteren Randstreifen hatte ich auf meiner Reise noch nicht gesehen

Ich hatte mein Ziel erreicht, über 2800 Radkilometer lagen nun hinter mir.

In den folgenden beiden Tagen bis zu meiner Abreise war ich viel in der Stadt unterwegs und kam gar nicht drum herum den heftigen Einfluss des Tourismus zu bemerken.

Tagsüber waren zum Beispiel die wenigen Straßen im Zentrum dauerhaft von Reisebussen und Campervans verstopft und bereits ab den frühen Morgenstunden war das Geheule der Jet-Motorbote zu hören, die über den See Wakatipu rasten. Auch waren die Preise für Lebensmittel an den Tourismus angepasst und um zu günstigen Supermärkten zu kommen musste man erst 6 Kilometer aus der Stadt hinaus fahren.

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eine der Attraktionen war ein „Delfinboot“, welches neben tauchen sogar springen konnte

Obwohl es mir dank meines Fahrrades immer wieder gelang außerhalb der Stadt ein ruhiges Plätzchen zu finden oder einkaufen zu gehen, war ich schon etwas froh mein Gepäck zwei Tage später in einen Reisebus laden zu können (ja, auch dieser hatte womöglich vorher die Straßen der Innenstadt verstopft). An diesem Punkt hatte ich zum ersten Mal Geld für ein Transportmittel seit meiner Ankunft in Auckland vor fünf Monaten ausgegeben!

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Vorbereitet für den Bustransport

Innerhalb der nächsten 48 Stunden konnte ich fast meine komplette Reise auf der Südinsel Revue passieren lassen, denn der Bus fuhr eine ähnliche Route zurück. Viele steile Berge, die ich mich einige Tage zuvor noch hinauf gequält hatte, fühlten sich nun so einfach an. Orte, an denen ich mit Matt wild-campiert hatte, tauchten auf und all die Erinnerungen an diese und viele andere besondere Orte wurden wieder wach. Ich hätte am liebsten meine Begeisterung mit allen Leuten im Bus geteilt, wusste aber, dass niemand diese verstehen würde.

Am Abend erreichten wir Christchurch, wo ich am nächsten Tag den Bus nach Picton und anschließend die Fähre nach Wellington nehmen würde.

Die Nacht verbrachte ich im Haus einer holländischen Radfahrer-Familie welche ich auf der Website WarmShowers kontaktiert hatte.

Zum Bus waren es am nächsten Morgen nur wenige Radminuten und auf dem Weg zur Haltestelle begegnete ich Unmengen an Radfahrern auf dem Weg zu Arbeit. Einfach toll!

Nach einer 10 stündigen Fahrt mit Bus und Fähre, erreichte ich am späten Abend endlich wieder bekannten Boden. Mein Rad und ich waren zurück in Wellington.

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Wellington bei Nacht

On the road again! (Südinsel – Januar 2017)

Was es bedeutet ein richtiger Radreisender zu sein, lernte ich in den folgenden Tagen durch den Engländer Matt kennen. Gemeinsam mit ihm durchquerte ich einen Großteil der Südinsel, befuhr Radtrails, welche ich mir alleine nie zugetraut hätte und stieß mehr als nur einmal an meine körperliche Grenze.

Doch beginnen wir am Anfang.

Es war erschreckend wie bequem ich nach 5 Wochen Aufenthalt in Wellington geworden war. Ich überlegte mir tatsächlich meine Abreise noch einmal um einige Tage zu verschieben, nur um nicht auf mein Bett und die warme Dusche verzichten zu müssen. Auch bedeutete die Abreise für mich wieder einmal alles Bekannte zurückzulassen und vollkommen alleine dazu stehen.

Meine Stimmung besserte sich auch nicht, als ich erstmalig wenige Stunden vor meiner Abreise mit dem Packen meiner Radtaschen begann und realisierte, dass mein Fahrrad am Ende vollkommen überladen war!

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Im Morgengrauen verabschiedete ich mich schließlich von meiner Flat und machte mich Übervorsichtig auf dem Weg zur Fähre, mit der ich auf die Südinsel übersetzten würde.

Glücklicherweise befand sich um 4 Uhr morgens kaum ein Auto auf den Straßen Wellingtons, das sich über das Fehlen meiner Radbeleuchtung aufregen konnte. Ich hatte einfach keinen Platz mehr für meine Lampe gefunden.

Pünktlich um 5 Uhr machte ich mich für das Boarding der Fähre bereit. Nur hatte das Terminal noch geschlossen. Als ich eine halbe Stunde später immer noch alleine vor verschlossener Tür stand kam mir ein Mitarbeiter zu Hilfe. Nach einigem herum telefonieren hatte er die Lösung meines Problems gefunden: Am und Pm. Ich hatte mich tatsächlich um 12 Stunden vertan und meine Fähre eigentlich um 17 Uhr (5pm) gebucht.

Eine Umbuchung auf die kommende 8 Uhr Fähre war zum Glück noch möglich, was mir viele Stunden des Wartens ersparte.

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Kurz vor der Überfahrt lernte ich noch einen kanadischen und einen englischen Radreisenden kennen.

Während ich mit dem Kanadier nur kurz Kontakt hatte, verbrachte ich die Zeit der Überfahrt damit mit dem Engländer Dean zusammen Touren auf der Südinsel zu besprechen. Er hatte – im Gegensatz zu mir – seine Route komplett geplant und schien bestens vorbereitet.

Worauf aber auch er nicht vorbereitet war, war der hohe Wellengang. Während um mich herum die ersten Leute in Richtung der Toiletten davon rannten, hatte ich meinen Magen noch eine Zeit lang im Griff, aber schließlich wurde auch mir sehr mulmig zumute.

Nachdem der Kapitän seinen Kurs etwas geändert hatte und die Wellen nicht mehr frontal gegen die Fähre schlugen, konnten wir die restliche Überfahrt genießen.

In Picton angekommen schloss ich mich Dean an um ihn für ein bis zwei Tage zu begleiten, dann würden sich unsere Wege trennen. Während er verschiedene Radtrails in der Mitte der Südinsel durchfahren wollte, war mein grober Plan die Westküste zu bereisen.

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Bei schönstem Sonnenschein und tropischen Temperaturen begann nun also der zweite Teil meiner Neuseelandreise und es freute mich riesig, dass ich bereits zu Beginn einen Begleiter gefunden hatte.

Da wir beide auf Camping vorbereitet waren, beschlossen wir möglichst viele Kilometer an diesem wundervollen Tag zurück zulegen und anschließend wild zu campen.

So landeten wir nach 70 Kilometern in Wairau Valley, einem winzigen Ort, durch den sich ein kleiner Fluss schlängelte. Dies schien für uns ein idealer Platz zum um unsere Zelte aufzuschlagen, auch da es gleich in der Nähe eine öffentliche Toilette gab.

Da ich schon etwas voraus gefahren war nutzte ich die Zeit bis zu Deans eintreffen um mich bei einer ortskundigen Person über eventuelle Einkaufsmöglichkeiten zu erkunden.

Eine Frau erklärte mir dann, dass es nur einen Pub gäbe, bei dem wir aber auch kostenlos unsere Zelte aufschlagen könnten.

Das ließen wir und natürlich nicht zweimal sagen und so ankerten wir 10 Minuten später im Dorfpub, wo bereits ein weiterer Radfahrer sein Zelt aufgeschlagen hatte: Matt.

Auch er kam aus England und war bereits sei zwei Tagen auf der Südinsel unterwegs.

Er wirkte auf mich sofort sehr erfahren, jeder Handgriff saß, alles hatte seinen festgelegten Platz an seinem Rad.

Umso lustiger wurde es dann, als wir auf unser Gepäck zu sprechen kamen und ich meine Lebensmittel zum Vorschein brachte.  Ich hatte idiotischerweise einen kompletten Großeinkauf, inklusive Gewürze und weitere Überbleibsel aus meiner WG in Wellington in meinen Packtaschen. Matt konnte sich ein breites Grinsen nicht verkneifen (er selbst hatte 2x instand Reis und Thunfisch dabei).

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Am Abend statteten wir dem Pub noch einen kleinen Besuch ab und durften sogar die Dusche benutzen.

Wir beschlossen am nächsten Morgen gemeinsam weiter zu fahren. Leider war der Gegenwind an diesem Tag so heftig, dass wir erst Dean verloren und schließlich nach nur 40km unsere Zelte aufschlugen, da wir völlig erschöpft waren.

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endlich einen Platz zum Rasten gefunden

Nachdem Matt und ich am nächsten Tag noch ein wenig auf Dean gewartet hatten setzten wir unsere Reise fort. Interessanterweise lag unsere Durchschnittsgeschwindigkeit recht nahe beisammen, so dass wir uns immer abwechselnd Windschatten geben konnten, ohne zu ermüden.

An diesem Punkt beschloss ich Matt noch ein wenig zu begleiten und auf die Westküste – auch dank der unglaublich schlechten Wetters – zu verzichten.

Unsere erste große Tour führte uns über den sogenannten Rainbow-Trail von St. Anrnaud über eine 112 Kilometer lange Schotterstraße nach Hanmer Springs. Der Weg führte uns durch großartige Landschaften und wir sahen auf der gesamten Strecke nur 3 Häuser. Leider waren die Bodenwellen teilweise so ausgefahren, dass wir nur im Schritttempo dahin rollen konnten um keinen Speichenbruch zu riskieren. Als wir am Abend in einer kleinen Hütte Zuflucht fanden, trafen wir noch auf zwei Radreisende aus Frankreich, welche bereits seit über zwei Jahren mit ihren Rädern die Welt bereisten.

Es war ein unbeschreibliches Gefühl nach zwei Tagen Geröll/Schotterstraße endlich wieder auf Asphalt dahin zu rollen.

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Nachdem wir in Hanmer Springs unsere Vorräte aufgefrischt hatten (ich kaufte nur Bananen) und die Wettervorhersage gecheckt hatten, entschieden wir uns gegen die Westküste und machten uns auf den Weg nach Christchurch.

Den Abend verbrachten wir bei einer WarmShower Familie, da ich nach 6 Tagen endlich einmal wieder meine Radkleidung waschen wollte und auch gegen eine warme Dusche nichts einzuwenden hatte.

Matt fand sichtlich gefallen an WarmShower und wir hatten einen tollen Abend mit unserer Gastfamilie.

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Gegen Mittag des nächsten Tages erreichten wir Christchurch und ich kaufte mir als Erstes einen Daunenschlafsack, da mein deutscher Sommerschlafsack mich einfach nicht warmhalten konnte. Teilweise fielen die Temperaturen nachts bis 0 °C, darauf hatte ich mich nicht vorbereitet.

Den Nachmittag verbrachten wir damit wieder aus Christchurch heraus zu finden, wobei ich die Ausmaße des heftigen Erdbebens, welches 2011 viele Häuser der Stadt zerstört hatte, zu Gesicht bekam.

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Als wir aus der Stadt heraus gefunden hatten folgten wir einem kleinen Wanderweg, an dessen Ende wir unsere Zelte aufschlagen wollten. Leider gab es nur umzäunte Weiden und auch der Wind nahm stark zu. Als die Sonne langsam unterging konnte ich Matt überreden umzudrehen und wir radelten weitere 20 Kilometer zurück, bis wir unsere Zelte im Hof einer verlassenen Schule aufschlugen.

Mittlerweile hatte ich mich sogar richtig an das Radleben gewöhnt und packte morgens meine Taschen fast so schnell wie Matt. Auch wurden meine Lebensmittel langsam weniger und ich konnte Kochutensilien und Lebensmittel in eine Tasche packen und gewann dadurch zusätzlich an Platz. Trotzdem war ich immer wieder über den Minimalismus meines Kollegen überrascht. Es gab keine Situation in der letzten Woche, der er nicht gewachsten war (sogar einen Speichenbruch hatte er repariert) und trotzdem fand all sein Gepäck in vier winzigen Radtaschen platz.

Ein großer Vorteil des zu-zweit-Radelns zeigte sich auch immer beim Einkaufen und ja, wir mussten häufig einkaufen. War es für mich früher immer eine heikle Angelegenheit gewesen mein Rad inklusive Gepäck vor dem Laden stehen zu lassen, so konnte nun immer einer von uns aufpassen, während der andere in Ruhe Lebensmittel besorgte.

Zu Beginn unserer zweiten Woche hatten wir bereits über 500 Kilometer zurück gelegt und hatten ein großes Ziel vor Augen, den See Tekapo.

Leider warteten auf uns noch drei Tage Bundesstraße mit starkem Verkehr, bevor wir bei traumhaftem Wetter und 25 °C den türkis-blauen Bergsee erreichten. Ein Picknick am Seeufer war natürlich Pflicht. Obwohl es uns sehr schwer viel nach einer Stunde wieder weiter zu fahren, wollte Matt unbedingt noch ein paar Kilometer zurück legen. Der Grund hierfür war Mount Cook!

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(k)ein Wölkchen am Himmel

Über eine für den PKW Verkehr gesperrte Kanalstraße, die den See Tekapo mit dem See Pukaki verbindet gelangten wir nach 40km an das Ufer von See Pukaki und hatten einen atemberaubenden Blick über den türkisen See, an dessen Ende Mount Cook mit seinem schneebedeckten Gipfel in die Wolken ragte.

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Alleine für diesen Ausblick hatte sich meine Reise nach Neuseeland bereits gelohnt!

Wir verbrachten die beiden folgenden Nächte am See, wobei wir am nächsten Tag nur keinen Kurztrip nach Twizel machten, um unsere Handys aufzuladen.

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Camping mit Blick auf Mount Cook

In der Nacht vor unserer Abfahrt von See Pukaki wurde ich durch eine besondere Begebenheit geweckt. Ich hatte am Abend dank der milden Temperaturen meine Zelttür offen gelassen und später vergessen sie vor dem Einschlafen zu schließen. Gegen 3 Uhr morgens war es doch tatsächlich zwei Mäusen gelungen in das Innere meines Zeltes vorzudringen. Wach wurde ich dann aber erst als diese beiden dann auch noch über mein Gesicht liefen und mir einen richtigen Schrecken einjagten.

Es dauerte eine ganze Weile, bis ich die beiden dazu bewegen konnte mein Zelt zu verlassen und wieder ruhig schlafen konnte.

Am kommenden Morgen folgten wir der „Old military road“ wieder zurück zu See Tekapo, wobei wir dem schlimmsten Gegenwind ausgesetzt waren, den ich je erlebt hatte. Teilweise lohnte es sich für mich gar nicht wieder auf das Rad zu steigen, da mich der Wind sofort in den Straßengraben blies. Noch dazu war der Weg unglaublich hügelig und nicht asphaltiert.

Belohnt wurde ich dann aber doch, als ich die letzten Kilometer mit Rückenwind nach Tekapo hinein raste, wo auch schon Dean auf uns wartete!

Er war uns seit dem Rainbow-Trail gefolgt und hatte uns nun eingeholt.

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Leider trennten sich unsere Wege hier wieder, da er noch Bekannte in Twizel besuchen wollte und Matt und ich eine weitere Offroadtour nach Hakataramea geplant hatten. Aber Dean wollte uns nach seinem Aufenthalt in Twizel wieder folgen.

Da wir vor unserer Tour nach Hakataramea unbedingt noch unsere Wasservorräte in Tekapo auffüllen mussten, beschlossen wir die Nacht nahe der Stadt zu verbringen, was leichter gesagt war als getan. Bis auf einen teuren Campingplatz war es überall verboten zu campen. So blieb uns nichts anderes übrig als die Nacht ab zuwarten und dann unsere Zelte möglichst gut versteckt am Seeufer aufzubauen. Wir wurden nicht entdeckt 🙂

Die Fahrt nach Hakataramea, war dank starkem Rückenwind und relativ guter Geröllstraße sehr gut zu fahren.

Leider machte der Weg nach 60 Kilometern einen starken Knick und die letzten 40 Kilometer wurden zu einem regelrechten Albtraum. Obwohl die Straße nun asphaltiert war kamen wir nicht schneller als mit 12km/h voran, so stark blies uns der Wind ins Gesicht. Jeder einzelne Kilometer war eine Qual und der Weg wollte nicht enden.

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Nach Hakataramea mussten wir noch weitere vier endlose Kilometer nach Kurow fahren, da es sonst keinen Zeltplatz gab.

Leider waren Matt die Preise für den Campingplatz zu hoch, weshalb er wieder wild campen wollte. Auch gelang es mir nicht mit ihm einen Treffpunkt für die morgige Tour ausmachen, er wollte einfach los fahren, wenn er Lust hatte. Etwas verwundert trennte ich mich von ihm und verbrachte die Nacht alleine auf dem Zeltplatz. Am Abend kündigte Dean noch an, er würde am nächsten Morgen gegen Mittag nach Kurow kommen um mit Matt und mir gemeinsam weiter zu fahren.

Nach all dem wildcampen tat mir der Zeltplatz, die warme Dusche und die beheizte Küche richtig gut und ich lernte an diesem Abend noch drei Schweden kennen, die eine Dokumentation über das Fischen in Neuseeland drehten.

Als ich am nächsten Morgen meine obligatorischen Haferflocken mit Milchpulver zubereitete klopfte es auf einmal an der Tür und Matt stand in der Küche!

Völlig überrascht über sein Auftauchen überlegte ich mir schnell meine Sachen zu packen und mit ihm weiter zu fahren. Doch dann viel mir Dean ein und ich berichtete Matt von seiner Ankunft in ein paar Stunden. Leider wollte er nicht mehr bis zur Deans Ankunft warten, da die Wettervorhersage schlechtes Wetter vorausgesagt hatte.

Matt meinte, er würde noch 30 Minuten an der Touristeninformation auf mich warten und dann alleine weiter fahren.

Ich erinnere mich nicht jemals in so einem Dilemma gewesen zu sein. Einerseits wäre es unfair gegenüber Dean nicht auf ihn zu warten, andererseits waren Matt und ich schon so lange zusammen unterwegs und gut aufeinander abgestimmt.

2017! 

Ich wünsche meiner Familie, Verwandten, Freunden und Bloglesern ein gesundes und erfolgreiches neues Jahr . 

Auch wenn ihr noch ein paar Stunden warten müsst kann ich euch versichern,  2017 wird kommen ! 
Cheers Florian 

Weihnachten in Neuseeland

Je näher die Weihnachtsfeiertage rückten, desto mehr Menschen bevölkerten die Straßen Wellingtons und ein durchkommen mit dem Rad war nun nicht mehr so einfach möglich.

Doch zum Glück hatte ich durch die Arbeit in Daves Werkstatt nicht wirklich das Verlangen in die heiße, überfüllte Stadt zu gehen und musste mich nur morgens und nachmittags durch den dichten Verkehr zwängen.
Kurz vor Weihnachten schloss dann auch BMU Engineering. So gab es am letzten Arbeitstag noch eine kleine Weihnachtsfeier, bei der ich Günther kennen lernte.
Der gebürtige Stuttgarter war schon vor einer ganzen Weile nach Neuseeland ausgewandert und war hier, ähnlich wie Dave, als Mechaniker tätig.

Zum krönenden Abschluss wurde ich mit dem Hallenkran einmal durch die Werkstatt manövriert und verewiglichte mich als erster Deutscher mit meinem Namen auf der Herrentoilette, dann war meine Zeit bei BMU auch schon vorüber.

Die restlichen Tage bis Weihnachten waren für mich eher anstrengend als entspannt. Durch die viele freie Zeit dachte ich pausenlos an Dinge, die ich eventuell bei meiner weiteren Reise mit dem neuen Rad benötigen könnte. Dazu kam noch, dass ein Päckchen meiner Eltern, welches unter anderem Radutensilien enthielt einfach nicht ankommen wollte, obwohl es schon seit drei Wochen unterwegs war.

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Blick über die Hafenbucht Wellingtons

Doch dann kam Weihnachten.

Sowohl Dave und Ben, als auch Hamish hatten mich zu ihrer Weihnachtsfeier eingeladen. In Neuseeland wird jedoch der 25. Dezember gefeiert und nicht wie bei uns üblich Heiligabend.

Um doch noch in Weihnachtsstimmung zu kommen, beschloss ich am Abend des 24. eine kleine WG Party mit meinen Mitbewohnern zu feiern, die damit Endete, dass meine indischen Mitbewohner Guru und Ankit, all ihre Kollegen einluden. Wenig später war aus der kleinen Weihnachtsfeier eine gigantische Inderparty geworden. Im Mittelpunkt dieser, stand ein indisches Kartenspiel, welches ich lange Zeit vergeblich versuchte zu verstehen. Nach mehr als zwei Stunden hatte ich die Nase voll und erklärte einer Runde halb betrunkener Inder die Regeln von MauMau.
Anfangs noch skeptisch, hatten wenige Minuten später alle die Regeln verstanden und auch ich hatte endlich meinen Spaß.

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Am nächsten Morgen packte ich noch schnell ein paar selbst gebackene Vanillekipferl ein und machte mich auf den Weg zu Ben.

Er und seine Freundin wohnten in einer kleinen eigenen Wohnung im Dave´s Haus. Elly, Bens Freundin hatte bereits am Vortag mit dem Zubereiten des Weihnachtsessens begonnen und es war einfach köstlich. Wie in Neuseeland üblich gab es unter anderem auch ein gestopftes Hühnchen mit unzähligen Beilagen.
Über meine Vanillekipferl freuten sich die beiden sehr, nur aussprechen konnten sie den Namen des Plätzchens nicht.
Am Nachmittag musste ich mich dann auch schon wieder von den beiden verabschieden, denn auch Hamish feierte an diesem Tag.

Im Gegensatz zu Bens Party, die nur aus vier Leuten bestand, hatte Hamish seine komplette Verwandtschaft zu Besuch.

Ich kam gerade noch rechtzeitig zur Bescherung, bei der sogar ich ein kleines Päckchen bekam. Hamish hatte mir einen Rubiks Cube geschenkt.

Während meiner Zeit mit ihm bei BMU Engineering, hatte er mir in unseren zahlreichen Pausen immer wieder die Algorithmen zum Lösen von Zauberwürfeln beigebracht und fand nun, dass es an der Zeit wäre, dass ich meinen eigenen bekommen sollte.

Als gegen 17 Uhr alle Geschenke ausgepackt waren verabschiedeten sich die Gäste langsam aber sicher.
Auch ich wollte mich schließlich auf den Weg machen, doch die Party war noch lange nicht vorbei!

So packte Hamish mein Rad in seinen Kofferraum und wir fuhren zu seiner Ex Frau Nicky, bei der ich viele bekannte BMU Gesichter wieder erkannte.
Es war eine tolle Party, bei der ich einen Großteil des Abends mit Nicky´s 12-jährigem Sohn Fußball spielte oder mit ihm auf seiner Playstation Terroristen den Schädel weg schoss.

Als sich Hamish gegen Morgen barfuß und angetrunken auf den Weg nach Hause machte, schnappte auch ich mir mein Rad und kehrte zu meiner Flat zurück, wobei ich diesmal die vollkommene Stille der Stadt genießen konnte.

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Verlassene Fußgängerzone

 

In den folgenden Tagen buchte ich meine Fähre für die Überfahrt auf die Südinsel, erwarb vier günstige Radtaschen und erweiterte mein Kameraequipment um eine Spiegelreflex-Kamera.

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Wellington – Über den Dächern der Stadt

Als ich am nächsten Morgen in Pete´s WG erwachte dauerte es erst ein paar Sekunden, bis mir wieder klar wurde, welcher Zufall mich auf diese Couch gebracht hatte.
Noch im Halbschlaf begann ich mit der Onlinesuche nach einem Hostel, denn eine Bleibe für die kommende Nacht hatte ich nicht und ich konnte mich mit meinem kaputten Rad unmöglich auf gut Glück nach einer Übernachtungsmöglichkeit in der Stadt umsehen.
Dank meiner sehr kurzfristigen Hostelsuche war die Auswahl dementsprechend klein, ich fand dennoch ein freies Bett und buchte es direkt für eine Woche.
Beim Zusammenpacken kam ich noch mit einem von Pete´s Mitbewohnern ins Gespräch, der an diesem Morgen seinen ersten Arbeitstag hatte. Interessanterweise hatte er einen Arbeitsplatz in jenem Amt bekommen, das sich auch um Steuernummern kümmerte.
Da ich seit zwei Wochen auf genau diese Nummer wartete und noch keine Rückmeldung über den Verbleib dieser erhalten hatte, beschloss ich ihn zu begleiten.
30 Minuten später erreichten wir das Gebäude der Inland-Revenue und ich verabschiedete mich von meinem Begleiter. Leider gab es persönliche Gespräche nur nach telefonischer Absprache und ich landete letztendlich dann doch wieder im Callcenter, wo mir versprochen wurde, dass man sich schnellstens um eine Lösung des Problems kümmern würde (2 Tage später war die Nummer da).
Nachdem ich nun den erste Punkt meiner To-Do Liste in Angriff genommen hatte, wollte ich mich endlich meines Rades entledigen und dieses im Hostel unterstellen. Im Normalfall wären die 3 km die sich zwischen mir und dem Hostel befanden überhaupt kein Problem für mich gewesen, doch mein Schlachtschiff machte daraus mal wieder eine Herausforderung. Auf die Straße konnte ich nicht und auf dem Bürgersteig blockierte ich alles. Sobald der Gehweg dann noch einen Knick machte, beispielsweise bei Ampelübergängen, war meine ganze Geschicklichkeit gefragt um den Trailer herum zu manövrieren.
Nach einer knappen Stunde erreichte ich schließlich mein Hostel und fühlte mich ungewohnt frei, als ich dieses ohne mein Rad wieder verließ.
Doch Ausruhen konnte ich mich noch lange nicht, denn es folgte Punkt drei meiner Liste: das Visum. Gegen Mittag war auch dieses Problem geklärt und mein Touristen-Visum auf das richtige Working- Holiday-Visum umgestellt worden und ich konnte endlich Punkt vier in Angriff nehmen: einen Job finden.
Ich hatte bereits bei einer kleinen Firma angerufen, die auf Fahrrad-Kurierdienste spezialisiert war, wollte nun aber zu den Adressen gehen, die Bill der Couchsurfing-Host mir noch schnell im Supermarkt gegeben hatte.
Interessanterweise gab es die erste Firma unter der Adresse gar nicht (obwohl sie noch auf Google zufinden war) und so hatte ich auch nicht mehr viel Hoffnung bei der zweiten und letzten Adresse.

BMU Engineering lag in einer kleinen Nebenstraße nur 5 Minuten von meinem Hostel entfernt und erinnerte mich im ersten Augenblick weniger an eine Firma, sondern eher an eine große, vollgestopfte Garage.
Als ich der Sekretärin, die rauchend in einem kleinen Kämmerchen Akten sortierte, erklärte, dass ich zu Dave wollte, schickte sie mich ohne jeglicher Fragen eine Treppe hinauf.
Der Mann, der mir in dem kleinen Büro/Pausenraum entgegenblickte wirkte sichtlich überrascht, als ich ihn ohne jegliche Vorwarnung erzählte, dass ich von Bill komme und ob er nicht einen Job für mich hätte.
Dann war ich es der Überrascht war, denn Dave verneinte die Frage nicht, sondern fragte mich nur kurz nach meinen Referenzen und ob ich Höhenangst hätte. Schließlich notierte er sich noch meinen Namen und Telefonnummer und versprach mir sich bei mir zu melden.
Dann war unser Gespräch auch schon zu Ende.
Völlig verwirrt stand ich dann vor seiner Werkstatt und war mir nun nicht mehr ganz sicher was gerade passiert war.
Am folgenden Tag erhielt ich dann Tatsächlich eine Einladung zu einem Vorstellungsgespräch.
Dave erklärte mir, dass meine Aufgabe weniger darin bestehen würde an Dreh- und Fräsmaschine zu arbeiten sondern ich bei der Wartung und Instandhaltung von BMU´s (Wartungslift an der Fassade von Gebäuden) helfen würde.
Als Dave mich anschließend durch die Werkstatt führte, fiel mir auf, dass es gar keine Fräsmaschine, dafür jedoch Unmengen an verschiedener Schweißgeräte, zwei Drehmaschinen, Hydraulikpressen und Schleifmaschinen gab.
Die nächste Überraschung folgte, als er mich nach meinen Lohnvorstellungen fragte. Ich hatte natürlich keine genauen Vorstellungen und wusste nur, dass der Normallohn bei 14 Dollar pro Stunde lag. Dave stellte eine kleine Rechnung auf, in der er Urlaubsgeld und Steuern mit einbezog und mir am Ende unfassbare 19 Dollar pro Stunde anbot. Mein Arbeitsverhältnis sollte dann auch bereits am übernächsten Tag beginnen. Ich war begeistert.
Was mich nicht so recht begeistern konnte, war mein Hostel.
Hauptgrund hierfür war mein viel zu kleines 4 Bett Zimmer, dass ich mir mit zwei Französinnen teilen musste. Jede von ihnen hatte zwei große Koffer, zwei Rucksäcke und noch zig Tüten dabei, so dass ich für mein Gepäck kaum noch Platz finden konnte. Einen Schrank oder ähnliches gab es nicht.
Die Küche war zwar einigermaßen geräumig, aber leider waren hier die Kühlschränke völlig überfüllt. So musste ich bei meinen wenigen Einkäufen penibel darauf achten, so wenig gekühlte Ware wie möglich zu kaufen. Mir gelang es dann doch einen kleinen Beutel mit Lebensmitteln in einem der Kühlschränke unterzubringen, doch leider war dieser am nächsten Tag spurlos verschwunden.
Den einzigen richtigen Kontakt im Hostel hatte ich mit dem Chilenen Daniel, mit dem ich in den wenigen Tagen bis zu seiner Abreise die Gegend erkundete und so unter anderem einen kleinen Wasserfall in einem Urwald mitten in der Stadt entdeckte.

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ein richtiger Urwald, mitten in der Stadt

Er war es auch, der mir half mein Gepäck in meine neue WG zu bringen, als ich nach drei Tagen die Nase voll hatte und meine restliche Woche im Hostel stornierte.
Zusammen mit neun weiteren Mitbewohnern teile ich mir jetzt ein Apartment mit mehreren Zimmern, Küche und zwei Bädern. In meinem Zimmer war nun endlich ausreichend Platz für all mein Gepäck und mit Jared meinem kanadischen Zimmerkollegen verstand ich mich sofort.

Ich hatte nun auch Zeit mich voll auf meinen Job bei BMU Engineering zu konzentrieren.

Zur Werkstatt benötigte ich dank meines nun reparierten Fahrrades nur knapp 7 Minuten, (wenn ich die neuseeländischen Verkehrsregeln etwas lockerer Auslegte) und sämtliche Arbeitskleidung inklusive Schuhe bekam ich von Dave gestellt.
Neben mir gab es noch Hamish, der bereits seit 16 Jahren für BMU arbeitete, Rick und Ben, Dave´s Sohn, der hier in den letzten Zügen seiner Ausbildung stand.
Meine Hauptaufgabe bestand darin mit Hamish zu verschieden Hochhäusern der Stadt zu fahren und die BMU´s zu kontrollieren.

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ein recht kleines Exemplar einer BMU

 

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ein BMU-Monster welches erst hydraulisch auf die Schienen gehoben werden musste

Dank des vergangenen heftigen Erdbebens waren die Betreiber der Hochhäuser sehr darauf bedacht ihre Gebäude auf Schäden zu untersuchen, wozu natürlich der Lift an der Außenfassade benötigt wurde. Da Dave´s Firma sich nun als einzige in Wellington auf derartige Aufgaben spezialisiert hatte, war die derzeitige Auftragslage für ihn (und damit auch mich) nicht gerade schlecht.
Sobald Hamish und ich nun das Dach eines dieser gigantischen Bürokomplexe erreicht hatten, kontrollierten wir als Erstes die Schienen, mit welcher die BMU um das Gebäude herum fahren konnte, auf Schäden.
Anschließend war es meine Aufgabe in den Korb der Einheit zu klettern, mich zum Boden abzulassen und dann wieder herauf zu fahren.
Obwohl diese Aufgabe sehr einfach klingt war es für mich, dank meiner Höhenangst, jedes Mal eine enorme Überwindung in den schwankenden Korb zu klettern, der sich dutzende Meter über dem Boden befand und nur von dünnen Stahlseilen gehalten wurde.
So waren meine Finger nach jeder Fahrt taub vom verkrampften Drücken der Knöpfe für das herunter und herauf fahren.

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…100 Meter freier Fall

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Belohnt wurde ich jedoch immer wieder von atemberaubenden Ausblicken über die gesamte Stadt, wie sie nur die wenigsten Bewohner Wellingtons haben dürften.
War dieser Job geschafft, wartete bereits das nächste Gebäude auf uns, wobei wir nie mehr als zwei dieser Aktionen pro Tag machten und unsere Pausenzeiten recht großzügig auslegten.

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Blick auf Wellington und das Meer

Natürlich gab es auch Tage, an denen das Wetter zu schlecht war um BMU´s zu testen. Für diesen Fall gab es dann die Werkstatt, in der wir für verschiedene Auftraggeber Dinge herstellten oder reparierten. So bestand meine Aufgabe in der ersten Woche zum Beispiel darin für KiwiRail, der neuseeländischen Eisenbahngesellschaft, Standfüße für Schilder herzustellen.
Endlich konnte ich nun auch meine mechanischen Fähigkeiten unter Beweis stellen und nachdem Ben mir ein wenig beim Schweißen über die Schulter geschaut hatte, war auch diese Arbeit kein Problem mehr für mich.

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Unterstützt von lauter Rockmusik vergingen auch die Werkstatttage wie im Flug und mir machte die Arbeit auch durch die ständige Abwechslung unglaublich viel Spaß.
Es gab natürlich auch Aufgaben, die mir nicht so gefielen, wie Beispielsweise das Fahren mit Dave´s altem Pickup. Ich hatte mich zwar schon recht gut an den neuseeländischen Linksverkehr gewöhnt, eine Revolverschaltung am Lenkrad war ich jedoch noch nie gefahren. Auch das die Schalter von Scheibenwischer und Blinker vertauscht waren bemerkte ich erst, als ich völlig verwirrt mit aktivierten Wischern an der nächsten Kreuzung stand.

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unser Werkstatt-Hund beim Stöckchen holen

Doch es gab natürlich noch ein Leben außerhalb der BMU und das verbrachte ich Hauptsächlich mit dem Planen meiner Weiterfahrt.
Eine der wichtigsten und größten Entscheidungen war die, ob ich die Fahrt mit meinem jetzt wieder reparierten Rad fortsetzten sollte. Nachdem ich nun mehr als 3 Monate mit meinem deutschen Rennrad in Neuseeland unterwegs gewesen war, viel es mir sehr schwer auch nur an das Wechseln zu einem anderen Fahrrad zu denken.
Leider war es mir nach dem letzten Unfall einfach nicht möglich, mit Rennrad und Trailer weiter zu fahren, der Anhänger war einfach zu schwer. Mehrmals durchkämmte ich sämtliche Radläden in Wellington um eine Idee zu bekommen wie ich mein geliebtes Rad doch noch behalten könnte, ohne jedoch auf Dinge wie Zelt und Kochutensilien verzichten zu müssen. Eine vernünftige Lösung fand ich jedoch nicht.
Ich hätte mich höchstwahrscheinlich noch ewig so im Kreis gedreht, wenn meine Eltern mir nicht irgendwann zu einem normalen Tourenrad geraten hätten. Doch neben ihnen gab es auch eine weitere Person in Wellington, welche mir bei meinen weiteren Entscheidungen sehr behilflich war: der Radreisende Florian, aus der Nähe von Dortmund.
Nur durch Zufall hatte ich seinen Blog vor einigen Wochen im Internet entdeckt und gelesen, dass er nach über 42.000 km des Reisens, nun für einige Zeit in Wellington sein würde. Natürlich kontaktierte ich ihn daraufhin sofort und da er nicht all zu weit von mir entfernt wohnte war ich des Öfteren bei ihm zu besuch
Als ich ihm von meinem Rad-Dilemma erzählte bot er schließlich sogar an, mir sein Fahrrad und die Satteltaschen zu geben, damit ich meine Tour auf der Südinsel fortsetzten konnte. Er selber hatte vor, einige Monate mit Wandern zu verbringen.

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Rädertausch bei einer kleinen Radtour

Obwohl ich dieses Angebot sehr zu schätzen wusste, setzte ich meine Suche nach einem eigenen Tourenrad fort. Doch das war leichter gesagt als getan.
In den Radläden fand ich nur stark überteuerte Räder mit billigsten Komponenten und auf der neuseeländische Version von eBay (TradeMe) gab es auch nur sehr wenige Treffer, die allesamt nicht zu gebrauchen, oder zu weit entfernt waren.
Zeitweise war ich so verzweifelt, dass ich mir überlegte ein Rad aus Deutschland zu importieren. Die Portokosten brachten mich dann aber wieder zu Vernunft.
Auch ein kleiner Hinterhof Radladen, der mir von einem Verkäufer empfohlen wurde und sich auf kundenspezifische Anfertigung spezialisiert hatte, konnte mir am Ende auch nicht weiterhelfen und ich stand wieder am Anfang meiner Suche.
Nachdem ich über zwei Wochen lang mit der Suche verbracht hatte, ja sogar erfolglos in verschiedene Facebook-Gruppen geschrieben hatte, war ich schließlich soweit mir eines der völlig überteuerten Räder aus einem der Radläden zu kaufen.
Doch ein Dosenöffner sollte mir Glück bringen!

Um das Nachfolgende zu verstehen muss man wissen, dass meine WG sich in einem kleinen Hochhaus befindet, in dem es auf jeder Etage mehrere Wohngemeinschaften gibt, die völlig unabhängig voneinander existieren.
Doch wie unter guten Nachbarn üblich, werden des Öfteren Küchenutensilien etc. verliehen, die leider nicht immer den Rückweg in die jeweilige WG finden.
So erging es schließlich auch unserem Dosenöffner, der eines der wichtigsten Gegenstände für die Zubereitung von Nudeln mit Thunfisch war!
Auf der Suche nach ihm landete ich relativ schnell bei unserer Nachbar-WG und entdeckte in einer Ecke ein Tourenrad, dass exakt meinen Vorstellungen entsprach. Der Besitzer des Rades stand glücklicherweise auch direkt vor mir und als ich ihn fragte, ob er sein Rad nicht verkaufen wollte, schaute er mich zwar komisch an, bejahte dann aber.
Am nächsten Tag wechselte das Rad zu einem Schnäppchenpreis den Besitzer, den Dosenöffner hatte ich vergessen mitzunehmen.
Ich hatte nun endlich eine Basis, mit der ich meinen Trip auf der Südinsel planen konnte.

 

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mein neuer Reisebegleiter

Im Verlauf der nächsten Tage verkaufte ich mein Rennrad, da es zu teuer gewesen wäre es nach Deutschland zurückzuschicken und hatte so eine gute finanzielle Grundlage für den Aufbau meines Tourenrades. Nur mit dem Verkauf meines Trailers hatte ich Probleme, denn ich wollte ihn nicht mit der verbogenen Achse verkaufen und musste deshalb auf die Lieferung einer neuen Achse aus Amerika warten.

Vor meiner Überfahrt auf die Südinsel werde ich mich natürlich noch einmal mit einem Weihnachtsupdate melden.

Napier – Wellington: Vom Pech verfolgt (14.- 20.11.)

Bereits der Start meiner Tour hätte mir klarmachen sollen, dass ich lieber noch einige Tage bei Lucia und Tom hätte bleiben sollen. Denn schon wenige Minuten nach dem Verlassen von Toms Haus viel mir auf, dass ich meine Arbeitsschuhe bei ihm vergessen hatte. Doch nicht nur das. Als ich wieder in seinem Haus ankam bemerkte ich, dass alle Lebensmittel, welche ich am Vortag für meine heutige Reise gekauft und im Kühlschrank zwischengelagert hatte, noch immer dort auf mich warteten. Ich hatte sie in der morgendlichen Hektik vergessen einzupacken und musste nun Brot, Äpfel, Butter und auch die Schuhe in meinen bereits perfekt gepackten Trailer stopfen. Kein guter Start.

Doch dann ging die Fahrt endlich richtig los. Während die ersten Kilometer noch auf vertrauten Straßen dahin glitten, verließ ich bald darauf Havelock und radelte den kompletten Tag auf einer einsamen Landstraße zwischen grünen Weiden und glotzenden Schafen und Kühen dahin. Das Wetter meinte es diesmal auch gut mit mir und keine Wolke war am Himmel zu sehen.

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Die anfangs noch recht ebene Straße wurde mit der Zeit immer hügeliger und obwohl ich die Steigungen nicht für problematisch gehalten hätte, zwang mich mein inzwischen 36kg schwerer Trailer immer wieder in den ersten Gang.

Als ich nach 90km an einer Kreuzung ankam, von welcher ein Schild zu einem Campingplatz zeigte, entschloss ich mich diesen kleinen Umweg in kauf zu nehmen und mein Zelt nicht am Straßenrand aufzuschlagen, wie es ursprünglich mein Plan gewesen war.

Am Blackhead-Beach angekommen, verschlug es mir erst einmal den Atem. Der Ausblick war einfach traumhaft. Der Platz war nur wenige Meter vom Meer entfernt und befand sich windgeschützt in einer kleinen Bucht.

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inmitten einer unbewohnten Caravansiedlung

Ich war neben dem Besitzer die einzige Person auf dem Platz und durfte deshalb sogar die „luxuriöse“ Damendusche benutzen (aber nur 4min).

Das erste Aufbauen meines Zeltes gestaltete sich kinderleicht und auch von meinem kleinen Campingkocher war ich restlos begeistert. Als ich nach einer warmen Dusche meine deliziösen Instantnudeln dann auch noch auf einer Bank am Strand essen konnte, war ich froh mich für den Campingplatz entschieden zu haben.

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mein erstes Camping-Abendessen

Am Morgen meines zweiten Tages erwachte ich mehrmals recht früh, meine Isomatte konnte mir einfach nicht den gewohnten Komfort bieten den ich vom Bett gewohnt war. Nach einem ausgiebigen Frühstück bestehend aus Nutellabrot und Haferbrei packte ich schnell zusammen, denn die Wettervorhersage hatte Regen voraus gesagt.

Im Gegensatz zu meiner gestrigen, gänzlich asphaltierten Tour begann ich meine heutige Etappe diesmal auf einer langen Schotterstraße, die das Fahren mit meinem Trailer zu einem wirklichen Abenteuer machte. Solange ich in den ausgefahrenen Spurrillen der Fahrzeuge bleiben konnte gab es kein Problem, geriet ich jedoch mit dem Schlachtschiff in den Schotterstreifen war Lenken nur noch schwer möglich, zu sehr schob mich mein Anhänger geradeaus und nur langsames Abbremsen verhinderte das Abkommen von der Straße.

Ich war heilfroh, als ich nach 10 Kilometern endlich auf eine asphaltierte Landstraße traf.

 

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Jetzt wusste ich auch den Grund, weshalb diese Straße nicht bei Googlemaps eingezeichnet gewesen war.

Mittlerweile hatte ich auch die Route 52 erreicht. Eine Verbindungsstraße, welche früher den Highway 2 von Napier nach Wellington ersetzt hatte, nun jedoch kaum noch befahren war. Generell gab es seit 150 Kilometern nur noch sehr kleine Dörfer mit teilweise weniger als 10 Häusern. Einen Laden hatte ich seit meiner Abreise aus Napier nicht mehr gesehen.

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irgendeine Kirche, deren Namen ich mir nicht gemerkt habe

Im Laufe des Tages wurde dann das Wetter tatsächlich immer schlechter und Wind kam auf! Auch eine kleine Gruppe von Bauarbeitern, die einzigen Menschen die ich bis zu diesem Zeitpunkt zu Gesicht bekommen hatte, prophezeiten mir ein Unwetter und boten mir eine Tasse Tee an, die ich aber dankend ablehnte, ich wollte schnell weiter.

Als der Wind stärker wurde und der Himmel sich beängstigend schwarz färbte, suchte ich in einem  kleinen Holzhäuschen Schutz und kochte mein Mittagessen. Ich beschloss meine Fahrt einfach hier zu beenden und bis zum kommenden Morgen in dem Häuschen zu bleiben.

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30 Minuten später hatte ich mich dann doch umentschieden, packte wieder alles zusammen und fuhr weiter. Es war noch zu früh am Tag um die Tour an dieser Stelle enden zu lassen. Wellington wartete schließlich auf mich.

Ich quälte mich weitere 20 Kilometer in Nieselregen und Gegenwind voran, wobei ich immer meine letzten Regenerlebnisse im Hinterkopf hatte und ständig nach einem schnellen Unterschlupf für den Notfall suchte.

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Der Ort mit dem längsten Namen der Welt

Als ich Pongaroa, einen kleinen Ort erreichte und vor Gegenwind kaum noch voran kam, entdeckte ich einen Wegweiser zu einem Campingplatz und ohne lange zu überlegen folgte ich ihm.                                                                                                                               Interessanterweise war es ein kostenloser Campingplatz, nur für Dusche und WC wurde Geld verlangt.

Neben einem Campervan war ich wieder der einzige Gast. Ich baute mein Zelt an einem einigermaßen windgeschützten Platz auf und verankerte es mit den Heringen sehr gut im Boden.

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im Hintergrund ist das Sportlerheim zu sehen

Mein Abendessen bereitete unter der Tribüne eines Sportplatzes zu welcher direkt an den Campingplatz angrenzte und mir und meinem Kocher Schutz vor dem immer stärker werdenden Wind bot.

Die folgende Nacht war einfach unbeschreiblich.

Der Wind war nun zu einem Orkan geworden und blies so heftig gegen mein Zelt, dass ich Angst hatte es würde zerreißen oder wegfliegen. Auch die Bäume um mich herum bogen sich unter ächzen. Obendrein war es nun so laut, dass ich zum ersten Mal meine Oropax verwenden musste, welche selbst in den Hostels in meiner Tasche geblieben waren.

Mehr als drei Stunden konnte ich in dieser Nacht nicht schlafen und frühstückte bereits um 5 Uhr unter der Tribüne, da war es wenigstens einigermaßen ruhig.

Leider hatte sich der Sturm in der Nacht nicht gelegt und ein Weiterfahren war mit dem Trailer unmöglich.

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Platzwechsel um dem Wind einigermaßen zu entkommen

Warum und wie ich es anschließend bis zum Nachmittag in meinem kleinen Zelt aushielt weiß ich im Nachhinein auch nicht mehr, lediglich, dass mir irgendwann so langweilig wurde, dass mir alles total egal war und ich all meine Sachen auf dem Zeltplatz liegen ließ und in das Dorf hinunter ging.

Im Dorfpub kam ich dann mit einer netten, älteren Kellnerin ins Gespräch. Diese konnte es kaum glauben, dass ich die vergangene Nacht auf dem Zeltplatz geschlafen hatte und lud mich kurzerhand in ihr Haus ein!

10 Minuten später fuhr ich mit ihrem Mann Henry zurück zum Campingplatz, lud mein Gepäck in sein Auto und war nach weiteren 2 Minuten an seinem Haus angelangt.

Ich bekam mein eigenes Zimmer und nach einer warmen Dusche auch noch ein unglaublich leckeres Abendessen.

Henry hatte außerdem noch mit einem Kollegen gesprochen, der mich am nächsten Morgen einige   Kilometer in seinem Truck mitnehmen würde.

Ich hatte wieder einmal das Privileg die geballte, neuseeländische Gastfreundschaft auf einen Schlag genießen zu können.

Doch das war erst der Anfang!

Henry weckte mich am nächsten Morgen mit Bacon, Toast und Porched-Eggs. So gut hatte ich es noch nicht einmal in meinen Farmfamilien gehabt ;).

Fertig für die Abfahrt wartete ich 30 Minuten später auf den Truck, als Henry mich fragte, ob ich nicht noch einen Tag länger bleiben und ihn beim Fischen helfen wollte.

Ein Angebot, das ich natürlich nicht abschlagen konnte und ich brachte meine Sachen wieder zurück ins Haus.

Am Mittag begleitete ich dann Henry, seinen Bruder und James, einen Freund, die, so hatte ich es verstanden Greyfish (Kabeljau) fangen wollten.

Im Endeffekt war es Crayfish (Languste) und wir fingen ganze sechs dieser monströsen Krebse. Doch damit nicht genug. Am Ende hatten wir außerdem noch 40 Paua (neuseeländische Riesenmuschel) und 102 Kina (Seestern) in unseren Fangsäcken. Leider mussten all diese Meeresfrüchte anschließend zum Auto geschleppt werden. Ein Knochenjob.

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Auf dem Rückweg gönnten sich Henry und sein Freund, der Fahrer des Autos, 3 Bier und mir wurde etwas mulmig zumute.

Zurück in seinem Haus zerlegten wir dann Paua und Kina. Die Langusten wurden gekocht.

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Ton in Ton

Am Abend gab es dann natürlich wieder ein ausgezeichnetes Essen welches nicht aus Meeresfrüchten bestand und Eis zum Nachtisch.

Es fiel mir schwer die beiden am nächsten Morgen zu verlassen, sie hatten sich in den letzten Tagen so sehr um mich gekümmert. Doch nach einem letzten Abschiedsfoto schwang ich mich wieder in den Sattel.

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Ich hatte meine Regel planlos nach Wellington zu radeln an diesem Tag gebrochen und mir bereits ein Bett bei einem WarmShower-Gastgeber gesichert. Es lagen nun also nur „sichere“ 70 Kilometer vor mir.

Die Strecke an sich war bis auf einen kleinen Berg am Anfang sehr schön zu fahren, auch das Wetter zeigte sich wieder von der sonnigen Seite. Nur der Wind hatte sich noch nicht ganz gelegt und ich wurde das Gefühl nicht los, dass egal in welche Richtung ich fuhr, immer Gegenwind auf mich wartete.

Landschaftlich hatte sich während meiner letzten 200 Radkilometer nicht viel verändert. Immer noch gab es weit und breit nichts außer eingezäunte, grüne Weiden, Schafe und Kühe, die ängstlich das Weite suchten, sobald ich an ihnen vorbeifuhr.

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Meine Unterkunft erreichte ich dank der recht kurzen Strecke schon kurz nach dem Mittag. Leider war Bill, so hieß mein Gastgeber noch nicht zuhause, hatte mir jedoch einen Zettel geschrieben: Ich sollte es mir gemütlich machen, Bier wäre im Kühlschrank!

Empfangen wurde ich dann doch, nämlich von drei Lämmchen, die mir gar nicht mehr von der Seite weichen wollten.

Beim Betreten des Hauses war ich im ersten Moment etwas geschockt. Ich stand direkt in einer unaufgeräumten, schmutzigen Küche und es roch stark nach Zigarettenrauch.

Das Wohnzimmer sah im Gegensatz dann ganz ordentlich aus und es gab sogar ein Klavier, dass ich natürlich direkt ausprobierte. Ich hatte das Spielen nicht verlernt.

Plötzlich hörte ich Schritte und wollte schon Bill begrüßen, aber da standen nur die drei Lämmchen mitten im Wohnzimmer. Ich hatte vergessen die Tür abzuschließen.

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Ich scheuchte die drei Gefährten hinaus und sah mich selbst ein bisschen auf dem Grundstück um.

Nach zwei Stunden kam schließlich Bills Frau Rosemary und wenig später auch Bill. Die beiden waren sehr freundlich und nachdem ich Bill beim Füttern seiner Schafe, Schweine und Aale! geholfen hatte (er kannte fast alle seine zahmen Tiere beim Namen), schnappte er sich eine Neuseeland-Karte und erzählte mir von seinen Touren.

Er selbst war ein begeisterter Harley-Davidson Fahrer und kam aus dem Schwärmen über die Südinsel gar nicht mehr heraus.

Ich glaube ich hatte bis zu diesem Zeitpunkt noch keinen Menschen gesehen, der so begeistert und vollkommen zufrieden mit seinen Urlaubsreisen gewesen war wie Bill.

Am nächsten Morgen gab er mir noch Nummern von Freunden und Bekannten an verschiedenen Orten auf der Südinsel und bastelte mir aus einem Stahlkabel ein Schloss für meinen Trailer, dann setzte ich meine Tour fort.

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Bill mit einem seiner unzähligen, zahmen Schafe

In der nächsten großen Ortschaft füllte ich in einem Supermarkt meine Campingküche auf und wollte diesen verlassen, als völlig unerwartet Bill vor mir stand.

Er war mir in den Laden gefolgt um mir noch einen Zettel zu geben, auf dem er zwei Namen notiert hatte. Grund hierfür war, dass ich ihn am vorherigen Abend gefragt hatte, ob er nicht jemanden in Wellington kennen würde, der mir einen Job anbieten könnte.

Bill kannte natürlich jemanden, hatte sich aber erst nach meiner Abfahrt daran erinnert. Schließlich verabschiedeten wir uns zum zweiten Mal.

Da ich mich auf meiner heutigen Tour für den normalen Highway 2 entschieden hatte war ich nun nicht mehr so einsam wie in den letzten Tagen und wurde wieder im Sekundentakt von Autos überholt. Die Ortschaften, die ich durchfuhr (Masterton und Carterton) waren sehr hübsche, kleine Touristen-Städte mit vielen Cafés und Parks, in denen sich die Menschen tummelten. Da es jedoch bereits 12 Uhr war gönnte ich mir keine Pause mehr, Wellington würde mir genug Abwechslung bieten.

Nach 60 Kilometern bog ich schließlich vom Highway ab und folgte einem Radweg, der mich, so hoffte ich, über eine alternative Route an der Küste entlang nach Wellington führen würde. Damit ersparte ich mir einen sehr gefährlichen Abschnitt des Highway 2, der nun keinen Seitenstreifen mehr besaß und sich wie eine Passstraße durch die Berge schlängelte.

Leider war ich mir bis zuletzt sehr unsicher, ob ich auf meiner Alternativroute ans Ziel kommen würde, da mein Reiseführer die Strecke nur bis zur Hälfte beschrieb und die Menschen, die ich gefragt hatte unterschiedlicher Meinung waren. Doch, hatte ich eine Wahl?

Wenig später war ich sehr froh diese Entscheidung getroffen zu haben und raste geschoben von Rückenwind auf der perfekt asphaltierten Straße dahin. In der Ferne konnte ich sogar schon das Meer sehen. Für Fotos und Pausen blieb jetzt jedoch nur wenig Zeit, denn ein Zeltplatz sollte ganz in der Nähe sein und der war bei dem heftigen Wind hier an der Küste wirklich notwendig.

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Als es noch 5 Kilometer bis zu meinem Ziel waren viel die Straße auf einmal steil ab und endete als Schotterweg am Strand. Halb fahrend, halb schiebend setzte ich nun zum Endspurt zum Campingplatz an und kam auch gut voran, bis mir ein Fluss die Weiterfahrt versperrte.

Dank zweier Deutscher, die Zufällig gerade auch zugegen waren, dauerte es nicht lange und ich stand mit Rad und Trailer auf der anderen Flussseite.

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Die letzten zwei Kilometer hatten es dann jedoch noch einmal richtig in sich. An Fahren war nun nicht mehr zu denken, zu stark blies der Wind gegen meinen Trailer, der durch sein Gewicht kaum zu bändigen war. Obwohl ich mit all meiner Kraft versuchte mein Rad am Kippen zu hindern gelang mir dies nicht. Mehrmals musste ich den Trailer abkuppeln um mein Rad wieder aufrichten zu können (dies war mit angehängtem Trailer nicht mehr möglich).

Ich kam nur sehr langsam voran, bis eine heftige Windböe meinen Trailer ergriff und dieser mein Rad im 90° Winkel aufbockte.

Das Resultat war eine verbogene Hinterradachse und ein stark demoliertes Schaltwerk.

Als ich den Zeltplatz erreichte, wusste ich, dass ich hier auch nicht viel Hilfe erwarten konnte. Kein Mensch war weit und breit.

Vollkommen demotiviert baute ich also mein Zelt auf und überlegte mir während des Zubereitens meines Abendessens, welche Optionen mir nun noch blieben. Die letzte Stadt lag 30 Kilometer hinter mir und nach Wellington waren es um die 70. Wie lange meine Achse in dem Zustand meinen schweren Trailer noch tragen würde wusste ich nicht, genau so wenig, ob mein Schaltwerk noch funktionsfähig war.

Ein wenig Hoffnung überkam mich, als auf einmal mehrere Autos auf den Zeltplatz fuhren und eine Gruppe junger Leute ihre Zelte aufbauten.

Ich kam mit einigen von ihnen ins Gespräch und sie luden mich zum Abendessen ein. Sie erzählten mir, dass es bereits nach 36 Kilometern eine Fähre nach Wellington geben würde, welche auch am morgigen Sonntag fahren würde.

Sicherheitshalber notierte ich mir noch die Nummer von Kieran, um im Notfall jemanden anrufen zu können, der sich in der Nähe befand.

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Am nächsten Morgen verteilte ich mein Gepäck so, dass ich möglichst wenig Last in meinem Trailer transportieren musste und packte die schweren Gegenstände in meinen Rucksack, welchen ich aufsetzte. Damit war die Achse etwas entlastet.

Bereits um 7 Uhr startete ich meine letzte Etappe und vermied es zu schalten, um mein Schaltwerk nicht unnötigen Belastungen auszusetzen.

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der Zeltplatz befand sich gut versteckt in einem dichten Strandwäldchen

Leider kam irgendwann ein etwas steilerer Hügel und dann ging alles sehr schnell: noch während ich in einen kleineren Gang schaltete, merkte ich einen heftigen Widerstand in den Pedalen und es gab ein lautes Knacken. Ich traute mich kaum hinzusehen. Mein Schaltwerk hatte sich einmal um meine Kassette gewickelt und das Schaltauge und eine Speiche abgerissen.

Ersatzteile hatte ich für ein derartiges Unglück nicht eingepackt und so fixierte ich die defekten Komponenten mit Kabelbindern und setzte meine Tour zu Fuß fort.

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Obwohl meine Mathekenntnisse nicht überragen sind wurde mir wenige Minuten später klar, dass ich die verbleibenden 30 Kilometer bis zur Fähre niemals gehend mit meinem defekten Schlachtschiff schaffen würde und zog die Notbremse.

Kieran war dank der guten Mobilfunkverbindung hier am Ende der Welt schnell benachrichtigt und war einverstanden, mich und mein Rad nach Featherstone der nächst größeren Stadt mitzunehmen.

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Dank des ungewöhnlich voluminösen Kofferraums eines Kollegen musste ich Bike und Trailer noch nicht einmal demontieren.

Sein Kollege Pete war außerdem aus Wellington und so konnte ich mir eine komplizierte Zugfahrt von Featherstone nach Wellington sparen. Als ich Pete während der Fahrt erzählte, dass ich bis zu diesem Zeitpunkt noch keinen Schlafplatz für die Nacht hatte, bot er mir seine Couch für diese Nacht an.

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So fuhr ich dann also mit dem Auto statt dem Rad in Neuseelands Hauptstadt und war auch ein bisschen froh darüber als ich die Ausmaße der Stadt sah. Radwege waren – zumindest auf den ersten Blick – für mich nicht zu sehen, es gab nur mehrere Stadtautobahnen, die in das Stadtinnere führten.

In seiner WG fühlte ich mich dann auch gleich willkommen und hätte mir gewünscht länger dort bleiben zu können, was aber leider nicht möglich war.

So endet mein kleiner Reiseabenteuerbericht nun trotzdem noch mit einem Happy End und für mich gilt es jetzt in den kommenden Tagen richtig in Wellington anzukommen, mein Rad zu reparieren, einen Job und eine schöne Bleibe zu finden.

Ich bedanke mich bei meinen Lesern für die Geduld und entschuldige mich für diesen überlangen Bericht 🙂

Als Belohnung gibt es für alle, die bis hierhin durchgehalten haben HIER das Video zu meiner Fahrt. Viel Spaß!